Parität, Diversität und Solidarität im Kunstbetrieb

100 Jahre ist es her, dass Frauen an den staatlichen Kunstakademien zugelassen wurden und damit ein Meilenstein innerhalb des langen Professionalisierungskampfes von Künstlerinnen in Deutschland getan wurde. Weiblichkeit fungiert dabei bis in die Gegenwart als eine von vielen, häufig miteinander verschränkten, hierarchisierenden und ausschließenden Kategorien, die seit jeher auch in transnationalen Kunstinstitutionen etabliert und konstruiert werden. Obwohl sich ab den 1950er Jahren zumindest ein kontinuierlicher Anstieg der Präsenz von Frauen an deutschen Kunstakademien verzeichnen lässt, hielt ihre Benachteiligung im Kunstbetrieb an. In Reaktion darauf widmete sich ein Teil der Frauenbewegung der 1970er Jahre – gemeinsam mit ihren Verbündeten aus anderen Freiheitsbewegungen – sowohl theoretisch als auch künstlerisch der Bekämpfung der institutionalisierten Ungleichheit der Geschlechter; Schwarze Frauen zusammen mit Frauen of Color unterstrichen dabei von Beginn an die Intersektionalität von strukturellen Ausschlussmechanismen. Zwar zeigen Studien minimale paritätische Veränderungen innerhalb des Feldes der zeitgenössischen Kunst seit den 1990er Jahren, doch sind Ungleichheiten weiterhin allgegenwärtig. Inwiefern die in allen Bundesländern vorgesehenen Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten das Kunstsystem zu transformieren vermögen, bleibt offen. Denn durch fortbestehende patriarchalische, anti-soziale und rassistische Strukturen und die daraus resultierenden Machtgefälle wird der Mythos des – weißen, heterosexuellen, cisgender und ‚fähigen’ – männlichen Genies in allen Bereichen des Feldes nur sehr zögerlich destabilisiert.

Während des Symposiums werden sowohl Ursachen hinsichtlich verschränkter Machtstrukturen und Ausgrenzungsmechanismen analysiert als auch Vorschläge diskutiert, die diese zu überwinden vermögen. Wie kann eine Gleichstellung im Kunstbetrieb erreicht werden, die von Anfang an Faktoren wie Migrations- und Bildungshintergrund, sexuelle Orientierung und körperliche und neuronale Differenz bereits seit der Ausbildung mitbedenkt?

Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Kunstgeschichtlichen Instituts, des Marie Jahoda Center For International Gender Studies (MaJaC) der Ruhr-Universität Bochum und reboot: responsiveness, Kölnischer Kunstverein und Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf. Sie fand am 7./8.10.2021 statt. Weitere Informationen und eine Video-Dokumentation weiterer Vorträge der Veranstaltung finden Sie hier: https://vimeo.com/644259336

Parität und Solidarität im Kunstbetrieb? Ein Blick in die Archivbestände des Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung

apl. Prof. Dr. Nadine Oberste-Hetbleck (Universität zu Köln)

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