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Workshop von und mit Barbara Bollig (RUB, Fak. für Philologie, Germanistik): Der Sonne Enkelin, der furchtbaren Hekate Tochter – Zeitgenössische Arbeit an Medea-Stoff und Weiblichkeitsmythen [Reihe Young Gender Scholars meet…]

20. Januar 2023 10:00 13:00

Workshop von und mit Barbara Bollig (RUB, Fak. für Philologie, Germanistik): Der Sonne Enkelin, der furchtbaren Hekate Tochter – Zeitgenössische Arbeit an Medea-Stoff und Weiblichkeitsmythen

Seit der Antike stellt die Medea-Figur ein Faszinosum für Literatur- und Kulturschaffende dar: Sie ist kolchische Königstochter und Hohepriesterin, Enkelin des Sonnengottes Helios, in manchen Überlieferungen Tochter der Chaos-Göttin Hekate, gleichzeitig eine sich Hals über Kopf verliebende Jungfrau und mächtig-unnahbare Zauberin, Geflüchtete in einem kulturellen Schwellendasein, am signifikantesten jedoch gemeinhin als blutrünstige Mörderin der eigenen Kinder bekannt. Der antike Stoff wird auch in der Gegenwartsliteratur und -dramenlandschaft immer wieder auf- und umgearbeitet, inszeniert und vor dem Hintergrund aktueller Gesellschaftlicher Debatten transformiert. Dabei ist bemerkenswert, wie stark das Mythem des Infantizids und die damit verbundene Brechung mit einer traditionellen Mutterrolle den Diskurs um Medea und ihre modernen Ahninnen bestimmt.

Dieser Workshop befasst sich mit der Darstellung und Verhandlung von Mutterschaft, Weiblichkeit und Alterität im Kontext der Überlieferung des Medea-Mythos seit der Antike und fokussiert sich auf zeitgenössische literarische Verarbeitungen des mythischen Stoffes in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Medea als mordende Mutter par excellence wird als Teil eines aktiven kulturellen und kommunikativen Gedächtnisses angesehen, das im Laufe der Jahrtausende jedoch einige Mytheme und Kontexte ihrer tragischen Handlung verschlissen hat. Entsprechend stellt sich bei der Analyse zeitgenössischer Arbeiten am Mythos Medea die Frage, wie diese Medea als Figur, aber auch einzelne Bestandteile des Mythos – am eindrucksvollsten häufig den Infantizid – aufgreifen und verarbeiten. Es soll nachempfunden werden, wie durch die Arbeit am antiken Stoff auch aktuelle Klischees rund um die Frau Medea perpetuiert oder aber aufgebrochen werden. Darüber hinaus wird auch in den Blick genommen, wie insbesondere durch feuilletonistischen Sprachgebrauch ein medeeisches Echo anderen weiblichen* Protagonist:innen zugeordnet und damit eine Stofftradition evoziert wird, selbst wenn diese aufgrund signifikanter Veränderungen an der mythischen Struktur kaum mehr möglich zu sein scheint.

Damit eng verbunden sind die Interpretationen und Lesarten Medeas als einerseits sich positiv von einer heteronormativ-patriarchalen westlichen Gesellschaft und andererseits als wahnsinnige Frau und „schlechte“ Mutter. Die Dynamik dieser sich scheinbar ausschließenden Rollen findet sich spannenderweise heute nicht nur in den Kontexten von Feminismus und Patriarchatskritik, sondern auch in soziologischer Forschung um „regretting motherhood“ und hält so Einzug in gesellschaftliche Debatten, die eine literaturanalytische Arbeit, wie mein Promotionsprojekt sie darstellt, stark beeinflusst.

Veranstaltungsort: Uni 105 E/15 und Zoom

Anmeldungen zu beiden Veranstaltungen an Maximiliane.Brand@rub.de. Wir freuen uns über die rege Teilnahme von Studierenden!

Hier finden Sie weitere Informationen zur Reihe Young Gender Scholars meet